Romanische Poesie - Poesia Rumantscha

TV-Beitrag für die Sendung Voilà aus SF DRS 1

Die romanische Poesie ist pathetisch, wenn sie die rätoromanische Kultur überhöht und sie berührt die Seele, wenn sie die bedrohte Heimat verkörpert.

Der Beitrag "Romanische Poesie - Poesia Rumantscha" ist eine Carte Blanche. Der Film hinterfragt einige romanische Gedichte, die hier als eine Art Mini-Anthologie der Romanischen Dichtkunst wiedergegeben sind.

Voilà:


"Egl jester" Lied von Schamun Mani (Text) und Tumasch Dolf (Melodie) 1. Strophe

Egl jester (1. Strophe)

Schi lunsch naven
stoi jeu uss star
e sai buc cur
jeu pos turnar
tiels mes, tiels mes a casa,
tiels mes, tiels mes a casa.

In der Fremde

Im fremden Land
muss ich jetzt sein,
weiss nicht wann komm ich
wieder heim
zu Euch, zu Euch, zu Euch nach Haus,zu Euch, zu Euch, zu Euch nach Haus.


"A mesiras" Bäuerliche Idylle von Giacun Caspar Muoth, Ausschnitt

A mesiras (Ausschnitt)

Bucca mo ils personavels,
er las vaccas ein en stavel,
vaccas grischas, vaccas brinas,
cun platiallas e brunsinas,
vaccas grassas, vaccas grèvas,
vaccas melnas, vaccas lèvas,
vaccas, alvas, vaccas stretgas
cun tallacs e stgellas sètgas:
ed il taur si sur la tegia
scav' il tratg culs corns e megia.
Pign e grond ei fiug e flomma,
puscha ! puscha ! tut che clomma.

Das Milchmessen

Viele Bauern an der Zahl
mit ihrem Vieh stehn um den Stall:
Graue Kühe, braune Kühe,
Kühe dick und Kühe schwer,
Kühe weiss und schmale Kühe
Kühe gelb und viele mehr,
die mit Glocken, die mit Glöckchen,
die mit Schellen, die mit Klöppchen.
Und der Stier steht still hoch oben,
wühlt die Hörner tief im Boden.
Gross und Klein ruft immer weiter,
Mucca ! Mucca ! tönt es heiter.


"La canzun dil bau" Gedicht von Gian Fontana, alle 4 Strophen

La canzun dil bau

A mi ha ina praula,
il vent oz raquintau.
Ei mava ina gada
pil mund entuorn in bau.

Purtava loschs la corna:
Jeu sun in grond signur,
e miu manti tarlischa,
con paupers ei li pur!

Ed el sestenda, mira,
co'l bov sto trer il criec.
Co sun je libers, libers.
Mo trai ti pauper tschiec!

El stat sin ina comba
e saulta spert sul prau.
Cheu vegn ruclond
la roda e smacc'il pauper bau!

Das Lied vom Käfer

Mir hat ein Märchen heute
der liebe Wind erzählt,
von einem kleinen Käfer,
der stolz ging in die Welt.

Stolz trug er seine Zangen,
ich bin ein grosser Herr.
Es glänzt so schön sein Mantel,
der Bauer tat sich schwer.

Der Bauer trieb im Felde
den Ochsen mit dem Pflug.
Der Käfer lachte hämisch,
wie schwer der Ochs trug.

Stolz stand er auf dem Acker
und tanzte rundherum,
bis dass der Pflug ihn streifte,
tot fiel der Käfer um.


"Mo aunc in pign mument" Lied von Stefan Gabriel (Text) und Tumasch Dolf (Melodie), 1. Strophe

Mo aunc in pign mument (1. Strophe)

Spetga e hagies pazienzia,
mo aunc in pign mument.
Prest compara l'aurora
e clars vegn il firmament,
e clars vegn il firmament.

Nur noch einen Moment

Warte und habe Geduld
nur noch einen Moment.
Bald kommt das Morgenrot hervor
und klar wird das Firmament,
und klar wird das Firmament.


Literaturnachweis:

"Die Rätoromanen, Ihre Identität in der Literatur" von Gion Deplazes, 1991 Desertina Verlag Disentis, ISBN 3 85637 199 0